IDEE ODER SPINNEREI: DIE DUNKLE MATERIE

Die Erde ist hohl.

Wie, wussten Sie nicht? Dann hätten Sie mal besser auf den englischen Astronom Edmond Halley gehört. Jaaa, der hat das nämlich schon 1692 vermutet. Er ging von der allgemeinen Ansicht aus, dass alle Materie der Planeten und Monde die gleiche Dichte hätte. Im Vergleich zum Mond, so folgerte Halley, müsste ein Teil der Erde also hohl sein.

Klingt doch perfekt logisch, oder?

Querdenken erlaubt

Na gut, na gut, ich werde jetzt mal nicht weiter auf Halley rumhacken. Es ist ja auch ganz normal, dass in der Forschung ab und zu ein falscher Weg eingeschlagen wird. Und das ist absolut in Ordnung. Ohne ein bisschen Querdenkerei hätte die Wissenschaft viele tolle Ideen wohl nie entwickelt oder weiterverfolgt.

Aber da liegt auch die Krux der Sache: Die Fähigkeit, Ideen auszusortieren, die eben in die falsche Richtung geführt hätten, scheint der Physik und der Astronomie in den letzten Jahren verloren gegangen zu sein.

Nehmen Sie ein Beispiel, das selbst die populären Medien seit einer Weile mit Vorliebe ausbreiten: die Dunkle Materie.

Die dunkle Geschichte der Dunklen Materie

Erdacht hat sie der niederländische Astronom Jan Hendrik Oort im Jahr 1932. Er hatte die Bewegungen der Milchstraße beobachtet und gesehen, dass die Sterne in den Randbezirken der Galaxien viel schneller liefen als erwartet. Auf der Suche nach einer Erklärung kam ihm folgende tolle Idee: Es musste noch mehr Materie in den Galaxien geben – eine Materie, die zwar nicht sichtbar war, allerdings eine Gravitationswechselwirkung aufwies. Und von diesem Moment an zieht sich die Theorie von der Existenz Dunkler Materie durch die Geschichte.

Dabei können Forscher selbst bis heute nur einen Bruchteil davon sehen und was sie genau ist, weiß auch immer noch niemand so recht.

Doch die Idee hält und hält sich – höchst hartnäckig und höchst naiv, wie ich finde. Denn sie geht davon aus, dass das Gravitationsgesetz im Galaxienmaßstab gilt, obwohl diese millionenfach größer sind als das Sonnensystem.

Mörder entlarvt

Was ich aber doch am lustigsten finde an der ganzen Sache – oder am traurigsten, je nachdem wie Sie es sehen wollen –, ist die Hingabe, mit der die Theorie von der Dunklen Materie immer noch weitergesponnen wird – obwohl es zahlreiche Anomalien gibt, die darauf hindeuten, dass etwas nicht stimmt.

Haben Sie zum Beispiel schon mitbekommen, dass die Dunkle Materie auch ein Mörder ist? Sie war es, die vor 66 Millionen Jahren die Dinosaurier getötet hat! Sorry, Dino.

Also, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin jetzt so traurig, dass ich gleich noch ein bisschen um die Physik weinen gehe. Hoffen wir, dass nicht die Dunkle Materie unter meinem Bett lauert …

AUSSENSEITER – VERHASST UND GELIEBT

Gleißend hell wird eine heiße Fontaine hochgeschleudert, beschreibt einen majestätischen Bogen und stürzt auf die Oberfläche zurück.

Fasziniert schaue ich mir die hochauflösenden Videos der NASA von Sonneneruptionen an und für mein Auge ist alles klar: Da wird eine hellglühende Flüssigkeit hochgeschleudert und fällt auf die ebenfalls flüssige Oberfläche zurück, auf der sogar Ringwellen entstehen, wie bei einem Stein, der ins Wasser fällt. Fragt sich nur, ob ich meinen Augen da trauen darf.

Alles falsch?

Das Standardmodell der Sonne basiert nämlich auf der Annahme, dass die Sonnen komplett aus Gas besteht. Nur: es sieht einfach nicht nach Gas aus. Wenn da nur Gas wäre, gäbe es keine Spritzer, keine sichtbaren Aufprallstellen, keine Ringwellen.

Am Beispiel des Kometen Shoemaker Levy 9, der in Bruchstücken auf den Jupiter stürzte, können Sie sehen, wie es aussieht, wenn etwas eine Gasoberfläche durchbricht. Da gibt es keine hochspritzenden Massen und keine Ringwellen.

Solche und andere Diskrepanzen zwischen dem Beobachtbaren und dem Standardmodell übertünchen die Forscher mit komplizierten Erklärungen. Für das Ringwellenmuster haben sie beispielsweise eine Erklärung über Beugung der Schallwellen gefunden, die bei näherer Betrachtung jedoch an den Haaren herbei gezogen wirkt.

Außenseiter und Ketzer

Wenn Sie jedoch der Annahme folgen, dass die Sonnen flüssig ist, stellt sich die Frage, um welche Art von Flüssigkeit es sich handeln mag. Der Radiologe und renommierte Wissenschaftler Pierre-Marie Robitaille schlägt vor, es könnte sich um eine Form flüssigen, metallischen Wasserstoffs handeln. Er hat gute Argumente auf seiner Seite.

Die Astronomen und etablierten Sonnenforscher wollen davon jedoch nichts wissen. Sie diffamieren ihn als Nichtfachmann, sogar als Spinner. Als könnte nicht auch ein Radiologe oder jeder andere Interessierte sich in die Materie einarbeiten und zu relevanten Schlüssen kommen.

Ähnliche Beispiele gibt es einige in der Geschichte der modernen Wissenschaft. Als Alfred Wegener sein Modell der Kontinentaldrift vortrug, wurde er auch als fachfremder Spinner abgetan. Er war eben kein Geologe, sondern „nur“ ein anerkannter Polarforscher. Sechzig Jahre später mussten dann auch die Geologen zugeben, dass sein Modell die Beobachtungen am besten beschreibt.

Nicht lernwillig?

Was ist also dran, an den Außenseitern und ihren oft recht unbequemen Ideen? Warum haben gerade die Fachfremden manchmal die besseren Chancen auf Erkenntnis? Vielleicht, weil sie mit unvoreingenommenem Blick auf die Sache schauen. Sie folgen nicht notwendigerweise dem Standardmodell, mit dem den sogenannten Experten der freie Blick auf die Welt verstellt ist.

Dadurch können Außenseiter bisweilen die richtigen Puzzlestücke zusammenfügen, die vorher noch keiner in Verbindung gebracht hat. Im Fall Robitaille ist es die Beobachtung das die Sonnenoberfläche gut zu einer flüssigen Form von metallischem Wasserstoff passt – die übrigens 1935 von einem Nobelpreisträgere entdeckt wurde.

Da stellt sich die Frage, warum es in der Wissenschaft als verpönt gilt, ein Standardmodell zu hinterfragen, das viele Fragen offen lässt und Ungereimtheiten enthält – vor allem, wenn doch ein neuer Erklärungsansatz da ist. Ein Kollege, den ich auf das Thema ansprach, erklärte, er habe sich mit metallischem Wasserstoff nicht beschäftigt und sei auch nicht interessiert. Solcherlei Ignoranz ist schon erstaunlich – vor allem wenn sie als Gegenargument verwendet wird! Wahrscheinlich werden die Sonnenphysiker ihr Modell einmal als ganzes entsorgen müssen.

Genau dieses Schicksal ereilte die Geologen vor gut sechzig Jahren, als sie endgültig einsehen mussten, dass Alfred Wegener recht hatte. Heute wird er als Star der Geologie gefeiert. Es drängt sich mir die Frage auf: Wann werden die Astronomen bereit sein, vom Außenseiter zu lernen?

DIE PHYSIK UND DAS AUTO – EINE PARALLELE ENTWICKLUNG?

Der Benz Patent-Motorwagen Nr. 1 war
ein einfaches Auto. MPatent-Motorwagen_Nr.1_Benz_1it etwas Geschick konnten Sie vieles selbst reparieren und selbst wenn nicht: Der Monteur fand den Fehler schnell und die Reparatur war in der Regel unproblematisch einfach.

Die Physik zur Zeit von Gottlieb Daimler und Karl Benz feierte viele Erfolge und es gab eine Koevolution von Wissenschaft und Technik, von deren Innovationspotenzial wir noch heute zehren.

Inzwischen sind die meisten Autos vollgestopft mit Technik und Elektronik. Die Physik hat ungefähr im selben Zeitraum eine ähnliche Entwicklung erfahren: Die einst recht einfachen Modelle und Theorien wurden erweitert, ausgebaut und so immer komplizierter und unübersichtlicher.

Klingt nicht schlecht, sagen Sie jetzt vielleicht. Die heutigen Autos sind zwar komplizierter geworden, aber auch schneller, bequemer und leistungsfähiger.

Leider hinkt der Vergleich zwischen der Entwicklung der Autos und der Entwicklung der Physik an dieser Stelle. Die Physik ist nicht nur so unübersichtlich geworden, dass Sie keinen Physiker mehr finden werden, der alle Teildisziplinen im Blick hat, sie wurde auch geradezu unfruchtbar.

Warum unfruchtbar, fragen Sie? Nun, das hängt mit der zunehmenden Komplexität zusammen. Die Standardmodelle leisten sich heute eine Vielzahl von Naturkonstanten. Beunruhigend daran ist, dass diese Konstanten Zahlen sind, die die Physik nicht erklären kann. Sie werden einfach gebraucht, um eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis auszugleichen.

Sie können es auch so sehen: Wo es eine Naturkonstante gibt, hat es sich jemand einfach gemacht. Statt eine Lösung für das Problem zu finden, hat er sich mit einem Workaround begnügt. Erwin Schrödinger sagte dazu: „Ist das Problem erst mit einer Ausrede beseitigt, entfällt auch die Notwendigkeit, darüber nachzudenken.“

Zugegeben: Eine Naturkonstante zu eliminieren kann Jahrzehnte in Anspruch nehmen und bedarf unter Umständen einer veritablen Revolution zumindest eines Teilgebietes der Physik. Gerade diese schwierige Arbeit ist jedoch notwendig, wenn die Physik gesund und fruchtbar bleiben soll.

Darüber hinaus bedient sich die heutige Physik weiterer willfähriger Werkzeuge der Problembeseitigung, wie die Dunkle Materie und die Dunkle Energie in der Kosmologie und auch eine unübersichtliche Menge hunderter von Elementarteilchen in der Teilchenphysik. Leider ist es heute unmöglich und wird auch in Zukunft fast aussichtslos bleiben, sie zu beobachten – also in der Realität einen Nachweis ihres Daseins zu finden.

Eine Naturkonstante mehr, eine dunkle Substanz mehr, ein Elementarteilchen mehr ist also normalerweise kein Gewinn für die Wissenschaft, sondern ein Verlust an Klarheit.

Sie fragen zurecht, ob dann noch ein Erkenntnisgewinn möglich ist, denn wenn schon die theoretische Aussage unklar ist, gibt es auch keine Deutungsgrundlage für konkrete Beobachtungen und Messungen. Die Theorie bleibt Theorie und die Praxis steht mit leeren Händen da. Und das ist auch der Grund, warum die Physik seit Jahrzehnten unfruchtbar ist. Wo nichts Greifbares entsteht, da kann auch keine technische Innovation abgeleitet werden.

Zu Zeiten der ersten Autos gab es noch einige Physiker, die sich darum bemühten, Naturkonstanten zu eliminieren oder das physikalische Theoriegebäude sonstwie zu vereinfachen und auf diese Weise plausibler und erkenntnisreicher zu machen. Heute hat sich der Trend wie gesagt umgekehrt.

Da fällt mir doch noch eine weitere Parallele zu den heutigen Autos ein: Die Physik ist, wie auch die Autos, ungeheuer bequem geworden. Probleme müssen nicht mehr gelöst werden. Vereinfachung – die harte, kreative Arbeit des klassischen Theoretikers – ist kein Thema mehr. Der moderne Physiker postuliert einfach ein neues Teilchen oder eine neue dunkle Substanz und schon läuft die Karre wieder.

Wie wär’s? Haben Sie nicht auch Lust, mal ein Elementarteilchen zu erfinden? Vielleicht wird Ihnen ja sogar der Nobelpreis dafür verliehen.

 

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