WE ARE BRITISH

Über die eigenartige kosmische Inflationstheorie habe ich ja schon einiges geschrieben, etwa bei telepolis, aber nicht alle Physiker äußern sich so direkt…. Eine Frage, die in diesem Zusammenhang immer wieder aufgeworfen wird, ist die Homogenität des kosmischen Mikrowellenhintergrundes. Sie lässt sich aber bei genauerem Hinsehen keineswegs leicht mit der Inflation erklären:

„Was auch immer die anfängliche Struktur war, wir können nicht erwarten, dass sie einfach durch die Physik eines Inflationsprozesses ausgebügelt wurde“

wie der renommierte britische Physiker Sir Roger Penrose in seinem Buch A Road to Reality  schreibt. Die ganze Idee, dass die beobachtete einheitliche Struktur durch einen Wärmeaustausch erfolgt sei, hält er für ein fehlerhaft es Konzept. Wie sehr muss ihm als einem der führenden Köpfe der Thermodynamik die immer größere Popularität der Inflationstheorie auf die Nerven gehen! Dennoch entschuldigt er sich als britischer Gentleman zehn Zeilen lang, bevor er vorsichtig formuliert:

„Ich denke es gibt gewichtige Argumente, die an der untersten Basis der inflationären Kosmologie zweifeln lassen, so dass ich diese dem Leser nicht vorenthalten sollte.“

Auf Deutsch: Er hält die ganze Idee für Mist. Martin Rees beschreibt in seinem Buch Our Universe and Others sogar, dass Penrose sich mündlich deutlicher ausdrückte:

„Die Inflation ist eine Mode, mit der die Hochenergiephysik die Kosmologie heimgesucht hat. Auch Erdferkel finden ihren Nachwuchs schön.“

Martin Rees selbst, Fellow der Royal Society und königlich-britischer Hofastronom, drückt dagegen seine Vorbehalte ebenfalls gentleman-like aus:

„Alle diese Ideen beleuchten die Verbindung zwischen dem Kosmos und der Mikrowelt – aber sie werden nicht bestätigt werden, bevor wir nicht ein richtiges Verständnis von Raum und Zeit erreichen, den Grundlagen der physikalischen Welt.“

Generell formulieren europäische Physiker die Thesen der Inflation oft im Konjunktiv, der auf dem Weg über den Atlantik meist herausgespült wird. Daher kommt es wohl, dass ein wesentlich frecherer Kritiker der Inflation, der Portugiese Joao Magueijo, schreibt:

 Im Laufe der Jahre nahm die Beliebtheit der Inflation bei Physikern unaufhaltsam zu. Schließlich wurde die Inflation selbst Teil der Mainstream-Physik, so dass sie allmählich zur einzig gesellschaftlich akzeptierten Art wurde, Kosmologie zu betreiben. Alle Versuche, sie zu umgehen, galten fortan als verschroben und abwegig. Aber nicht in den Ländern Ihrer Majestät, Königin Elisabeth II .

Die Inflationstheorie ist nur mehr mit Humor zu ertragen.

(vgl Vom Urknall zum Durchknall, Kap. 10)

100 JAHRE FÜR DIE TONNE

a lady fly in zero gravity roomWenn Außenseiter nach ihrem Tode immer noch Außenseiter bleiben, sind ihre Ideen entweder zu wirr oder zu avantgarde.

Die vom großen Physiker Ernst Mach sind weder das eine, noch das andere. Warum sie dennoch in der Physik nur als Anekdote betrachtet werden, lässt tief blicken – in die Köpfe der heutigen Physiker.

Warum ich das meine? Ernst Mach hat sich unter anderem mit der Frage beschäftigt, wie er Newtons Gravitationsgesetz verbessern könnte. Das hat nämlich – dieser Meinung sind außer Mach auch andere bedeutende Physiker wie Paul Dirac und Robert H. Dicke – einen veritablen Pferdefuß. Anlass für Machs Kritik ist das sogenannte Eimer-Experiment von Newton und seine Folgerungen daraus.

Stellen Sie sich einen halbvoll mit Wasser gefüllten Eimer vor. Dieser Eimer beginnt nun zu rotieren wie ein Karussell. Was macht das Wasser im Eimer?

Richtig: Erstmal gar nichts. Es bewegt newtonsEimersich nicht. Irgendwann überträgt sich die
Bewegung des Eimers jedoch auf das Wasser und es beginnt, sich mit dem Eimer zu drehen. Dabei steigt es an den Wänden des Eimers hoch. Wenn Sie den Eimer nun anhalten, dreht sich das Wasser noch eine Weile weiter und die Wölbung seiner Oberfläche lässt nur mit der Zeit langsam nach.

Wie kann es sein, dass das Wasser nicht sofort auf die Bewegung des Eimers reagiert? Newton nannte dieses Verhalten „Trägheit“ und seine Schlussfolgerung war, dass es außer der Bewegung des Eimers noch einen zweiten Bezug geben müsse, der das Wasser beeinflusst.

Um diesen zweiten Bezug zu erklären, nahm Newton einen absoluten Raum an, der alles beinhaltet, aber selber nicht direkt beobachtbar ist. Nur seine Wirkung bekommen Sie zu spüren – zum Beispiel als die Kraft, die an Ihren Armen zieht, wenn Sie sich drehen oder die das Wasser an der Eimerwand emporsteigen lässt.

„Was für eine Idee,“ sagen Sie jetzt vielleicht. Physikern wie Albert Einstein oder eben auch Ernst Mach bereitete Newtons Schlussfolgerung jedoch einige Kopfschmerzen. Dieser absolute Raum ist nämlich nur sehr schwer nachzuweisen und hat deshalb gute Chancen, ein ewiges a priori zu bleiben. Bis heute kann jedenfalls niemand behaupten, er hätte einen Beweis für den absoluten Raum gefunden.

Ernst Mach hatte dazu jedoch eine geniale Idee: Statt einen absoluten Raum anzunehmen, der nicht nachweisbar ist, könnte die Trägheit doch dadurch zustande kommen, dass alle Massen im Universum auf das Wasser einwirken.

Albert Einstein kannte diese Idee und zog sie mit ins Kalkül, während er seine Relativitätstheorie entwarf. Die Trägheit nicht von einem absoluten Raum abhängig zu machen, würde ja auch hervorragend zur Idee der Relativität von Zeit und Raum passen. Damit wäre auch die Gravitation von den entfernten Massen im Universum  abhängig. Leider konnte er Machs Vorschlag trotzdem nicht vollständig in seine Theorie integrieren.

Wenn Sie heute also Machs Idee wiederaufleben lassen wollen, müssen Sie sehr wahrscheinlich sowohl Newtons Gravitation – den Grundstein der klassischen Mechanik – als auch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie – den Grundstein der modernen Physik – überdenken. Das würde allerdings hundert Jahre etablierte Physik in Frage stellen, was nicht allen heutigen Physikern gefällt…

Und doch gibt es einige moderne Daten, die darauf hindeuten, dass Mach Recht hatte! Viele heute offene Fragen würden dann vielleicht geklärt.

 

Mit diesem faszinierenden Ansatz habe ich mich auch in meinem gerade erschienenen Buch „Einsteins verlorener Schlüssel – Warum wir die beste Idee des 20. Jahrhunderts übersehen haben“ beschäftigt. Wer es lesen möchte, findet es hier:
http://www.amazon.de/Einsteins-verlorener-Schlüssel-Jahrhunderts-übersehen/dp/1517045452/