INFLATIONÄRE UNWISSENSCHAFT

„Inflation? Will ich nicht.“

Ich kann Sie gut verstehen, wenn es Ihnen so geht. Es gibt da aber so ein paar Physiker, die nichtssagende Theoriegespinste ganz schön inflationär gebrauchen.

Bei den Kosmologen zum Beispiel. Als sie auf einige Phänomene und Messergebnisse stießen, die ihr Standardmodell über die Entstehung des Weltalls – der Urknalltheorie – in Frage stellten, bauten sie eine Inflation in das Modell ein.

Klar, es handelt sich dabei nicht um eine Geldentwertung. Ein Wertverlust der Theorie geht dennoch damit einher – und ist für mich eindeutiges Zeichen, dass es sich um eine echte Krise handelt, in der sich die Kosmologie da befindet.

Ausgelöst wurde die Krise unter anderem durch die Messdaten zur
Hintergrundstrahlung – jene Strahlung, die der kosmologischen Standardtheorie nach vom Urknall übrig geblieben und
noch heute messbar sein soll. Tatsächlich haben Forscher so eine Strahlung gefunden und mithilfe spezieller Satelliten gemessen. Allerdings zeigt sie ganz andere Ergebnisse, als die Wissenschaftler aufgrund ihrer Urknalltheorie erwartet hätten – was übrigens kein Einzelfall ist. Leider.Big bang theory

Die Kosmologen mussten sich also fragen, was mit ihrer Theorie nicht stimmt. Das taten sie jedoch nicht lange, denn unversehens erfand der Physiker Alan Guth eine Lösung: In den ersten Bruchteilen der Expansion des Alls nach dem Urknall soll es eine Phase der extrem schnellen Ausdehnung gegeben haben. Im Bruchteil einer Sekunde soll sich das Weltall um das Einhundertquadrillionenfache – eine Zahl mit 26 Nullen – ausgedehnt haben. Na klar.

Diese Phase der Sekundenbruchteile nach dem Urknall nannte Guth Inflation. Die Inflation soll so früh begonnen haben und dauerte so kurz, dass nicht einmal die modernste Atomuhr in der Lage wäre, diesen kurzen Zeitraum zum messen. Und völlig undenkbar ist, dass jemals Messdaten aus diesen ersten Sekundenbruchteilen des Universums erhoben werden können. Auf diese Weise ist die Theorie völlig sicher vor jeder Widerlegung. Wenn Sie jetzt finden, dass das doch eigentlich ganz prima klingt, muss ich Ihren Enthusiasmus gleich wieder bremsen.

Denn auf diese Weise kann die Theorie auch nie bestätigt werden (was so schade auch wieder nicht ist). Es ist letztlich ein Märchen über die Entstehung des Universums, das Sie glauben können oder nicht. Mit Wissenschaft hat das nichts mehr zu tun, denn die basiert nun mal darauf, dass eine Theorie bestätigt oder widerlegt werden kann.

Welch unglückliche Entwicklung, die nicht nur in der Kosmologie u sich greift. Immer mehr Theorien tauchen in der Physik auf, die nicht geprüft werden können und immer komplexer und unübersichtlicher werden – inflationärer Wildwuchs, den Sie schön finden können, wenn Sie wollen. Wissenschaftlich relevant ist er nicht.

Wenn Sie mehr über die Hintergrundstrahlung und ihre eigenartigen Interpretationen erfahren möchten, können Sie das in meinem früheren Blogbeitrag nachlesen (Englisch).

CERN: Familienbesuch zu Weihnachten

Wieder einmal ist es soweit: Nach Abschluss der Messungen vor Jahresende wird verkündet, man habe etwas ganz Spannendes, möglicherwiese Sensationelles gefunden. Den „Cousin des Higgsteilchens“ , einen möglicherweise „supersymmetrischen“ Partner des Higgs-Bosons. Und wieder einmal handelt es sich um irgendein unerklärtes Signal, dem man nun endlich die theoretische Wunschvorstellung anzudichten hofft – so wie dies ja 2013 mit dem Higgs gelungen war. Wie lange wird sich die Öffentlichkeit von dieser Schaumschlägerei noch einlullen lassen? Sie dürfen gespannt sein, was in den nächsten Jahren noch an Zufallssignalen gefunden wird, die zu Erweiterungen des „Standardmodells“ führen – Cousins, Onkels, Großtanten, Schwägerinnen des Higgsteilchens? Ich kann nur sagen: Muss zu Weihnachten nicht sein :-)

STRAHLENDE RAUCHER? ODER: ÜBER DIE KOSMOLOGIE DES SCHWACHEN GLIMMENS

Vom All aus Raucher beobachten … ist das SMOKERmöglich?
Jedenfalls hatte sich eine Forschergruppe zur Aufgabe gemacht herauszufinden, wie die Raucher in einer Großstadt verteilt sind – und erwartete spektakuläre Erkenntnisse. Sie wertete Bilder von Satelliten aus, die mit so empfindlichen Messgeräte ausgestattet sind, dass sie das schwache Glimmen der Zigaretten aus der Höhe des Satellitenorbits noch erkennen können.

Die eigentliche Herausforderung bestand darin, dass das Glimmen der Zigaretten von den Millionen Lampen der Häuser, Straßen, Fahrzeuge, Flugplätze, Sportstadien usw. überstrahlt wird. Das Licht der Lampen ist um ein Vielfaches heller als die glühenden Zigaretten. Selbst die Fehlertoleranzen, die bei der computergestützten Filtermethode eingeräumt werden müssen, sind größer, als das zu messende Signal – also die Leuchtkraft der Zigaretten.

Sie kennen die Studie nicht? O.K., ich gebe es zu: Ich habe sie erfunden. Ganz an den Haaren herbeigezogen ist das Beispiel jedoch nicht. Ähnlichen Schwierigkeiten sahen sich die auswertenden Wissenschaftler der COBE- und WMAP-Daten gegenüber. Die beiden Satelliten COBE und WMAP haben den gesamten Himmel im Frequenzbereich der sogenannten Hintergrundstrahlung vermessen – einer Strahlung, von der vermutet wird, dass sie noch vom Urknall übrig ist.

Mithilfe von speziellen Computerprogrammen wurden aus den Messdaten dann die sogenannten Vordergrundsignale der Sterne, der Nebel und aller anderen Objekte herausgerechnet.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich würde diesen Daten nicht ganz trauen. Zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie an unzähligen Stellen falsch sind, weil das Signal durch die Vordergrundstrahlung komplett überdeckt ist und die Filtermethode Geisterwerte erzeugt.

Abgesehen von dieser Unsicherheit war das Ergebnis nicht so, wie erwartet. Die Kosmologen erhofften sich, eine ungleichmäßige Verteilung der Hintergrundstrahlung zu finden. Davon hätten sie eventuell eine Erklärung für die ungleichmäßige Massenverteilung ableiten können, wie sie heute im Weltall beobachtet werden kann: Massezusammenballungen in Form von Sternen, Nebeln und Galaxien stehen großen, fast völlig leeren Räumen gegenüber.

Der große Aufwand brachte jedoch eine fast völlige Gleichverteilung der Strahlung ans Licht, die die ausgeprägten Strukturen im Universum nicht erklären kann. Heute werden immer subtilere Eigenschaften aus den Daten herausgelesen, obwohl das angebliche Signal viel schwächer als der Vordergrund aus Sternen, Gaswolken und Galaxien ist – eben wie eine glimmende Zigarette oder schon wie eine ausgegangene.

Noch grundsätzlichere Kritik übt der von mir sehr geschätzte Pierre-Marie Robitaille an der Datenverarbeitung. Ob er Recht hat, wird sich zeigen, aber auf seine Argumente muss fundiert eingegangen werden. Saubere Datenauswertung wäre wichtiger, als Fantasiegeschichten über die ersten Momente des Universums.

Mehr darüber erfahren Sie in meinem Artikel, hier: www.heise.de/tp/artikel/44/44441/1.html