DIE GEFAHREN AUS DEN PHYSIKLABOREN

Bald wird es kein Trinkwasser mehr geben! Eine Probe exotischen Wassers ist aus einem Labor ins Abwasser gelangt und hat die Trinkwasserreserven der umgebenden Stadt kontaminiert. Über Kanäle und Flüsse breitet sich das Polywasser Gefahrverseuchte Wasser weiter aus. Inzwischen sind 30% der Wasservorräte der Erde betroffen! Das gesamte Leben auf diesem Planeten ist bedroht!

Die Angst geht um

Nein, keine Sorge, dieses Horrorszenario ist nicht Wirklichkeit. Aber vor etwa fünfzig Jahren ging die Angst tatsächlich um. Das sogenannte Polywasser wurde in den 1960er Jahren in Russland entdeckt. Es hatte erstaunliche Eigenschaften: Es war zähflüssig wie Honig, viel schwerer als normales Wasser, hatte einen viel höheren Siedepunkt und einen niedrigeren Gefrierpunkt. Ein angesehener Experimentator übernahm die weitere Erforschung, bestätigte die Existenz und fand weitere erstaunliche Eigenschaften.
Die Forscher befürchteten, dass sich Wasser bei Berührung mit dem Polywasser auch in Polywasser umwandeln und Leben auf der Erde damit undenkbar machen könnte. Kritische Stimmen bemerkten zwar, dass es in den letzten Milliarden Jahren Erdgeschichte offensichtlich nicht dazu gekommen war. Bis diese Stimmen gehört wurden, hatte Kurt Vonnegut diese Horrorvision allerdings schon in seinem Science Fiction-Thriller „Eis IX“ verarbeitet. Und als später ein russischer Labormitarbeiter eine Probe des Polywassers untersuchen ließ und erhebliche Verunreinigungen fand, wurde er kurzerhand als Co-Autor von allen weiteren Veröffentlichungen ausgeschlossen.

Der Kampf um Forschungsgelder

Warum diese drastische Maßnahme? Weil in der Forschung die Angst, Prestige und Forschungsgelder zu verlieren, sehr groß ist. Da wird schon mal verheimlicht, wenn Fehler oder Unstimmigkeiten auftauchen. Das zeigt sich auch dadurch, dass geradezu eine Veröffentlichungs-Hysterie ausbrach, als das Polywasser auch im Westen bekannt wurde. Jeder wollte ein Stück vom Ruhm abhaben und veröffentlichte möglichst schnell etwas zu dieser „neuen Substanz“: Es erschienen haufenweise Forschungsartikel in den angesehensten Fachzeitschriften.
Und das ist das große Problem der Physik: Im Kampf um Forschungsgelder haben die Wissenschaftler Angst, dass ihnen andere mit einer neuen Entdeckung zuvorkommen. Deshalb tauschen sie Proben, Daten und Informationen nicht aus, sondern verheimlichen sie. Das macht es für unabhängige Forschergruppen natürlich unmöglich, angebliche Ergebnisse und Entdeckungen zu überprüfen und mögliche Fehler zu entdecken.
Und noch ein zweiter Punkt: Weil Forschergruppen, die viel veröffentlichen, aktiver und produktiver erscheinen, haben sie bessere Aussichten auf Forschungsgelder. Darum bemühen sich Physiker darum, möglichst viele Artikel zu veröffentlichen. Dass darunter die Qualität leidet, ist wohl klar.

Öffentliche Forschungsdaten

Wenn Sie also eine Lehre aus der Geschichte des Polywassers ziehen wollen, kommen Sie nicht umhin zu fordern, dass Forschungsdaten und genaue Beschreibungen von Versuchsaufbauten veröffentlicht werden. Etwas anderes ist im Sinne einer nachprüfbaren Forschung eigentlich inakzeptabel. Halten Sie sich nun vor Augen, dass die teuersten Forschungseinrichtungen oft am wenigsten Forschungsdaten öffentlich zugänglich machen – unrühmliches Paradebeispiel ist das CERN. In Zeiten, in denen dies mit dem Internet immer leichter sein könnte, ist dies eigentlich ein Skandal.

Crime Scene Cern

Das CERN ist eine der größten Forschungseinrichtungen der Welt. Es betreibt den Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC), die vielleicht größte und teuerste Versuchsanlage aller Zeiten.

Was für Daten produziert diese Versuchsanlage? Nun, so ganz genau wissen das nur die Wissenschaftler, die direkt an Projekten arbeiten, die mit dem LHC zu tun haben. Und auch die bekommen nur einen geringen Prozentsatz der produzierten Daten zu sehen. Der Rest, weit über 99,9% (!) wird Sekundenbruchteile, nachdem die Daten entstanden sind, vernichtet – weil man sie aufgrund des Modells für nicht interessant erachtet.

Was das CERN dazu sagt, fragen Sie? Gute Frage! Das CERN sagt: Es sind einfach viel zu viele Daten. Das aber ist nicht nur aus kriminalistischer Sicht bedenklich, sondern auch aus wissenschaftlicher. Im Grunde kann ja keiner überprüfen, ob die Daten, mit denen tatsächlich gearbeitet wird, auch wirklich relevant sind. Überraschende Entdeckungen in der Geschichte kamen oft dort vor, wo man es gerade nicht erwartete – und dieser Teil wird am LHC weggeworfen.

Die Wissenschaftler setzen gewissermaßen Scheuklappen auf, damit nur ja nichts ihr Modell gefährden kann. Und öffentliche Daten gibt es in der Teilchenphysik noch nicht einmal aus den 1980er, 1970er oder 1960er Jahren

… eigentliche ein Skandal, eine Art von Datenhinterziehung.

TOPFSCHLAGEN MIT TEILCHENBESCHLEUNIGERN

Wussten Sie, dass Teilchenphysiker auch gerne Topfschlagen spielen? Allerdings mit leicht abgewandelten Regeln. Normalerweise würde ein Physiker so spielen, wie Sie es kennen: Er würde eine Versuchsapparatur bauen, die er sozusagen als Löffel benutzt. Wenn er den Topf – sein Untersuchungsobjekt – gefunden hat, nimmt er sich die Augenbinde ab und betrachtet – oder besser gesagt: erforscht – es genauer.

Bei der „Jagd“ nach Elementarteilchen haben die beteiligten Physiker
eine neue Spielweise erfunden. Wenn sie mit dem Löffel einen Topf Physiker mit Augenbindegetroffen haben, nehmen sie diesen Topf aus dem Spiel, verbinden sich ihre Agen noch fester und begeben sich erneut auf die Suche nach etwas kleineren Töpfen.

Filterexperten am Werk

Klingt komisch, finden Sie? Ist es auch! Aber es ist Forschungsalltag an den Teilchenbeschleunigern. Dort werden Teilchen mit viel Energie aufgeladen und so beschleunigt. Wenn sie dann aufeinanderprallen, zerspringen sie in kleinere Teilchen. Alle diese kleineren Teilchen tragen wieder eine gewisse Energie, die in der Summe dem Ausgangswert entsprechen sollte. Wenn dabei jedoch Energie auf unerklärliche Weise verloren geht, vermuten die Forscher, dass sie in die Bildung eines neuen Teilchens gegangen sein muss.

An diesem Energieanteil oder neuen Teilchen verlieren sie dann das Interesse und filtern sein Signal mit Computerunterstützung heraus. Dann wird weiter beschleunigt – und zwar mit noch mehr Energie. Wenn wieder Energie auf rätselhafte Weise verloren geht, wird das nächste Teilchen als gefunden angenommen.

Heureka – vielleicht …

Anders als normalerweise in den Naturwissenschaften ist der Forschungsgegenstand hier also nicht das, was die Forscher finden, sondern das, was ihnen auf unerklärliche Weise verloren geht. Stück für Stück filtern sie heraus, was sie nicht erklären können, um einen noch geringeren Energieanteil zu finden, den sie auch nicht erklären können. Es ist, als würden sie die Augenbinde beim Topfschlagen immer fester und dichter umbinden.

Interessant ist bei diesem Spiel offensichtlich auch gar nicht die Erforschung dieser vermeintlichen Teilchen, sondern allein das Auffinden. Der vorgebliche Erkenntnisgewinn liest sich dann in etwa so: „Wir haben etwas gefunden, was ein neues Teilchen sein könnte. Wir haben uns die Daten nochmal ganz genau angeschaut und sind nun fast ganz sicher, dass es das gesuchte Teilchen sein muss.“ Vielleicht stimmen Sie mir zu, wenn ich große Zweifel daran habe, dass es sich hierbei um wirklich belastbare, glaubwürdige Ergebnisse handelt.

Der Trick mit der Augenbinde

Ab und zu reicht der gebaute Teilchenbeschleuniger dann einfach nicht mehr aus, um die Teilchen noch mehr zu beschleunigen, und ein größerer muss gebaut werden. Da die Deklarierung der im letzten Beschleuniger verloren gegangenen Energie als Elementarteilchen jeweils unkritisch mit einem Nobelpreis bedacht wird, werden die für den Bau benötigten Milliarden auch gerne bereitgestellt.

Statt mit einem Holzlöffel auf Topfsuche zu gehen, wird nun sozusagen ein goldener Löffel verwendet. Das Topfschlagen geht weiter. Ob hier etwas erarbeitet wird, das irgendwann einen allgemeinen Nutzen hat, bleibt im Dunkeln – als hätten die Teilchenphysiker nicht nur sich die Augen verbunden, sondern auch der Gesellschaft.

AUSWANDERN IN DIE PARALLELWELT?

Etwas stimmt nicht in unserem Universum.

Wirklich, ich meine das ganz ernst. Immer wieder stoßen Physiker auf Messergebnisse, die nicht mit den Vorhersagen der bestehenden Theorien übereinstimmen. Für solche Fälle haben sie ihre Standardmodelle inzwischen mit zahlreichen Zahlenwerten – sogenannten Konstanten – verziert, die dann den Messungen angepasst werden können. Et voilà, die Welt stimmt wieder mit der Theorie überein.

Wenn das für Sie wenig überzeugend klingt, wird es Sie vielleicht beruhigen, dass auch in der Physik schon seit Längerem eine Debatte darüber entbrannt ist, wie es sein kann, dass das Universum über diese vielen Konstanten so wunderbar abgestimmt ist. Schließlich sprechen wir hier von Zahlen, die nichts erklären und scheinbar willkürlich vom Himmel gefallen sind.

Das fantastische Multiversum

Einen Ausweg will der Physiker Max Tegmark in seinem Buch „Our Mathematical Universe“ gefunden haben. Es handelt vom Multiversum, wie er es nennt. In seiner Vorstellung gibt es nicht nur ein Universum, sondern ganz viele. Jedes dieser Universen ist anders abgestimmt und folgt anderen Gesetzen. Solche, bei denen die Abstimmung nicht funktioniert, kollabieren. Unser Universum ist netterweise eines von denen, wo die Feinabstimmung ein Fortbestehen dieser Welt ermöglicht hat. Das führte, wie Sie wissen, sogar zur Entwicklung von mehr oder weniger intelligenten Lebewesen. Die Frage ist, ob Tegmark zu ersteren gehört.

Denn wir hätten es also mit einem natürlichen Auswahlverfahren für Universen zu tun. Da ist eben alles möglich – einfach fantastisch, wie sich handfeste physikalische Probleme in Luft auflösen, wenn nur ein findiger Geist sich damit beschäftigt.

Schade nur, dass wir nie nachprüfen können, ob wirklich etwas dran ist an dieser Multiversums-Idee, denn die anderen Universen sind ziemlich weit von uns entfernt, so dass wir noch einige Millionen oder Milliarden Jahre darauf warten müssten, bis die ersten Lichtquanten von ihnen bei uns ankommen. Nachgeprüft werden kann also mal wieder nichts.

Abenteuer oder Bodenständigkeit?

Was bleibt also von dem, was Tegmark oder auch andere Propheten wie Lisa Randall und Lawrence Krauss anbieten? Eine reichlich komplizierte und sehr spekulative Geschichte über die Entstehung und das Wesen dieser Welt, in der Sie leben. Die können Sie glauben oder auch nicht. Mitbewerber sind dabei zum Beispiel das wesentlich ältere, aber deutlich leichter zu verstehende 1. Buch Mose des Alten Testaments, die indischen Upanischaden und all die anderen Schöpfungsmythen, von denen ja jede Kultur mindestens eine hervorgebracht hat.

Eines haben alle diese Mythen gemeinsam: Sie sind nicht falsifizierbar und daher eine nie versiegende Quelle von Diskussionen, die zu nichts führen.
Wenn Sie allerdings Theorien wollen, die einen Teil dieser Welt messbar machen, erklären, wie er funktioniert, und so letztendlich auch technischen Fortschritt ermöglichen, wie zum Beispiel die Quantenphysik den Microchip, dann sollten Sie sich woanders umsehen. Albert Einstein kann Ihnen beispielsweise noch eine brillante Idee anbieten, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Ich beschreibe sie in meinem neuen Buch „Einsteins verlorener Schlüssel: Warum wir die beste Idee des 20. Jahrhunderts übersehen haben“.

Aber ich muss Sie warnen: Gegenüber dem Multiversum wirkt diese Idee geradezu bodenständig und unspektakulär. Wer mehr Science-Fiction braucht, der sollte vielleicht in eines unserer Nachbaruniversen auswandern, wo die Feinabstimmung zu abenteuerlicheren Möglichkeiten geführt hat als in unserem Universum. Aber bitte vergessen Sie nicht, mir eine E-Mail zu schicken, wenn Sie angekommen sind.