IST EINE PHYSIK OHNE NATURKONSTANTEN MÖGLICH?

Wenn Sie sich in Ihrer Welt umschauen, dann werden Sie vermutlich drei fundamentale Größen erkennen: Raum, Massen und eine zeitliche Abfolge von Ereignissen. Die Physik versucht seit ihrem bestehen, die Welt mit diesen drei fundamentalen Begriffen zu beschreiben – und scheitert dabei immer wieder. Auch jetzt steht ein solches Scheitern wieder bevor. Die Frage ist, was von der modernen Physik übrig bleibt, wenn diese Krise durch ist.

Die letzte Krise der Physik

Fragen Sie ruhig, wie es dazu kommen konnte. Schließlich behauptet die moderne Physik von sich, streng logisch aufgebaut und die exakteste Wissenschaft aller Zeiten zu sein. Und das stimmt: Die Exaktheit der Messmethoden, die heute erreicht wird, ist wirklich unglaublich. Die physikalische Theoriebildung hinkt diesen Spitzenleistungen jedoch leider weit hinterher.

Je mehr die Astronomen mit den immer größer und leistungsfähiger werdenden Teleskopen vom Weltall entdeckten und je größer die Dimensionen wurden, desto klarer stellte sich heraus, dass die Formeln Newtons hier nicht funktionierten. Und auch je weiter die Physik ins Kleinere vordrang, desto offensichtlicher wurde es, dass sich die Welt der Elementarteilchen nicht mit Newtons Theorie beschreiben lässt.

Einsteins Relativitätstheorie konnte diese Probleme in den großen Dimensionen und der Quantentheorie in der Teilchenwelt mehr oder weniger reparieren. Sie behielten jedoch die Gravitationskonstante G bei, die Newton eingeführt hatte, und es kamen noch zwei weitere Naturkonstanten dazu: c, die (endliche) Lichtgeschwindigkeit aus der Relativitätstheorie und h, das Plancksche Wirkungsquantum (bekannt auch durch die Heisenberg’sche Unschärferelation in der Quantentheorie und durch das Vorkommen in der Feinstrukturkonstante).

Diese drei fundamentalen Konstanten G, c und h benötigen wir nach wie vor zur Definition von Größen wie Kilogramm, Meter und Sekunde. Formal geschieht dies über die sogenannten Planck-Einheiten, die im Übrigen keine große Bedeutung haben. Es lässt sich jedoch abkürzen: Um überhaupt von den Einheiten m, s und kg sprechen zu können, müssen c (m/s), h (kg m²/s) und G (m³/s² kg) geeignet kombiniert werden.

Anzeichen der neuen Krise

Diese drei Naturkonstanten zeigen unmissverständlich an, dass die Physik im Kleinen wie im Großen etwas Grundlegendes noch nicht verstanden hat. Schon Einstein war davon überzeugt, dass echter Erkenntnisgewinn nur durch die Eliminierung dieser Konstanten zu gewinnen wäre. Aber statt sich mit diesem brennenden Thema zu befassen, bemüht sich die Physik seit gut 80 Jahren mehr und mehr um mystische Legendenbildung. Ja, so drastisch muss ich das formulieren.

Die Kosmologie bläht ihr Standardmodell mit unerklärlichen Phänomenen wie der dunklen Materie, der dunklen Energie oder auch dem Urknall mit der Inflationsphase auf – allesamt Konzepte, die in der Wissenschaft nicht wirklich zum Verständnis beitragen.

Auf der anderen Seite, im Kleinen, jagt die Teilchenphysik mit immer größeren, immer teureren Apparaturen wie den Large Hadron Collider am CERN immer kleineren Elementarteilchen hinterher, ohne über die zu Hauf postulierten Teichen irgendeine nachprüfbare Aussage machen zu können – auch hier also allerhand Mystifizierung.

Das ganze mutet an wie die Anbetung des goldenen Kalbes vor den zehn Geboten. Und genau das fehlt der Physik heute: Ein neues Gesetz, dass der Götzenanbetung ein Ende bereitet.

Licht im Dunkel?

Einen Ansatz dazu entwickelten geniale Physiker wie Robert Dicke, Dennis Sciama und Paul Dirac aus einer von Einstein nicht weiter verfolgten Hypothese einer variablen Lichtgeschwindigkeit. Robert Dicke konnte so die Gravitationskonstante G eliminieren und in einen berechenbaren und erklärbaren Wert umwandeln. Sciama und Dirac arbeiteten unabhängig an derselben Idee und konnten weitere wichtige Anhaltspunkte liefern, wohin die Reise in Zukunft gehen könnte.

Dass das Gros der Physiker diese Ansätze, die endlich Licht ins Dunkel der unerklärbaren Phänomene bringen könnten, bisher unter den Teppich kehren, beschreibt das Ausmaß der Krise, in der sich die moderne Physik befindet. Sie dürfen also gespannt sein, wann der Knoten platzt und die Physiker sich wieder mit den grundlegenden Problemen der Weltbeschreibung befassen.

Die Frage ist allerdings, wohin wir dann mit den neuen Theorien kommen. Stellen sich Zeit und Raum als von unseren Sinnen erzeugte Illusionen heraus? Erweisen sich die grundlegenden Eigenschaften der Materie „Masse“ und „Trägheit“ als durch alle Materie des gesamten Kosmos bestimmte Größen heraus, wie das der visionäre Denker Ernst Mach vermutet hatte?

Ob die Wissenschaft auf diesem Weg zu einer noch grundlegenderen Theorie gelangt, können wir letztlich nicht wissen. (Wohl erst, wenn h und c auch eliminiert wurden.) Aber auf die nächste Revolution dieser Weltbeschreibung dürfen Sie sich trotzdem freuen. Sie wird ein weiteres Mal unser Weltbild vom Kopf auf die Füße stellen.

WARUM DIE PHYSIK GEGEN DIE MYTHOLOGIE EINEN SCHWEREN STAND HAT

Die echten revolutionären physikalischen Ideen der letzten hundert Jahre gerieten samt und sonders in Vergessenheit oder wurden gar nicht erst bekannt. So auch die Robert Dickes, der den Schlüssel zur Revolution der Kosmologie aufnahm, den Albert Einstein fünfzig Jahre vorher verloren hatte.

Welcher Schlüssel?

„Aber Einstein hat doch die Kosmologie revolutioniert!“ mögen Sie jetzt empört ausrufen. Stimmt, aber er hätte sie doppelt revolutionieren können.
Natürlich war das Prinzip der Relativität ein Paradigmenwechsel, der die komplette Physik der großen Entfernungen revolutionierte. Aber die heute bekannte Version der allgemeinen Relativitätstheorie beruht auf der klassischen Gravitation mit der Gravitationskonstante G, wie sie Sir Isaac Newton postuliert hatte.
Was nur wenige wissen ist, dass Einstein lange versuchte, das sogenannte Machsche Prinzip in seine Theorie einzubauen. Demnach wäre die Stärke der Gravitation durch alle anderen Massen im Universum bestimmt und die Gravitationskonstante berechenbar – nur gelang ihm das leider aufgrund ungünstiger Umstände nicht. Deshalb entschied er sich für eine Variante seiner Relativitätstheorie mit konstanter Lichtgeschwindigkeit und gekrümmter Raumzeit. Schade! Denn damit verlor er den Schlüssel zu einer noch umfassenderen Revolution unseres Weltbildes.

Der Geniestreich

Fünfzig Jahre später arbeitete Robert Dicke an einer derartigen verbesserten Version der Relativitätstheorie, ganz im Sinne des Machschen Prinzips. Sein Ansatz war ebenfalls, die Gravitationskonstante zu eliminieren. Er schaffte das scheinbar Unmögliche und konnte dabei einen Fehler ausmerzen – nämlich den, den Einstein in der Formel zur Berechnung der Ablenkung des Lichts durch große Massen gemacht hatte.
Dicke hatte damit gezeigt, dass es rechnerisch keinen Unterschied zwischen den Versionen mit konstanter und variabler Lichtgeschwindigkeit gibt. In Einsteins Version breitet sich das Licht mit konstanter Geschwindigkeit aus, muss aber in der durch die Gravitation von Massen gekrümmten Raumzeit längere Wege zurücklegen. In Dickes Version hat die Gravitation keinen Einfluss auf die Raumzeit, beeinflusst jedoch die Lichtgeschwindigkeit. Das Ergebnis ist so oder so das gleiche und es können dieselben Beobachtungen mit beiden Versionen beschrieben werden.

Warum die Revolution ausblieb

Die Tragweite von Dickes Arbeit blieb jedoch weitgehend unerkannt. Er wusste gar nicht, dass Einstein ein halbes Jahrhundert zuvor eine fast identische Formel mit variabler Lichtgeschwindigkeit formuliert hatte – eben nur mit einer kleinen, aber fatalen Abweichung. Dadurch berief er sich nicht auf diese Arbeit Einsteins und der Zusammenhang blieb bei anderen Physikern ohne große Resonanz.
Schwerer noch wiegt vielleicht die Tatsache, dass seine Arbeit schlicht ignoriert und unter den Teppich gekehrt wurde, weil sie sich nicht mit der herkömmlichen Vorstellung des Urknalls verträgt. Der Urknall ist heute aber schon eine Art von Schöpfungsmythos geworden und als solcher scheint er fast unantastbar zu sein. Als physikalische Theorie taugt der Urknall nämlich eigentlich nur sehr bedingt, weil eine Extrapolation zu so frühen Zeiten irgendwann unseriös wird. Trotzdem ist er Teil des modernen kosmologischen Standardmodells. Und ein Großteil der mit Kosmologie befassten Physiker hält trotz vieler Widersprüche daran fest, weil ihnen einfach nichts Besseres einfällt. Und weil sie Dickes Arbeit aus dem Jahr 1957 nicht kennen.
Man muss wohl einfach Geduld haben, bis sich dies allmählich herumspricht. Es lohnt sich aber meiner Meinung nach, nicht aufzugeben. Die Aussicht auf die nächste Revolution unseres Weltbildes ist einfach zu faszinierend, um sie fallen zu lassen.
Oder was meinen Sie?