Als man im Ptolemäischen Weltbild die beobachteten Planetendaten nicht mehr mit einfachen Kreisen um die Erde erklären konnte, führte man eine Kreisbewegung auf der Kreisbewegung ein, sogenannte Epizyklen. Als bessere Beobachtungen erneut eine Abweichung ergaben, wurden die Mittelpunkte der Hauptkreise jeweils um einen kleinen Wert verschoben, den Exzenter. Und alles stimmte wieder.
Naja, wer’s glaubt!
Ein neuer Anstrich schafft keine neue Grundlage
Nur kann jedes fehlerhafte Modell gerettet werden, „wenn man sich auf solche Fummeleien einlässt“, wie Simon Sing in seinem ausgezeichneten Buch Big Bang schreibt. Heute sind sich die Forscher daher einig, dass dieses Postulieren unverstandener Mechanismen kein Fortschritt war, sondern eine Erosionserscheinung der Wissenschaft, übermalter Rost einer Konstruktion, die brüchig wurde. Damals fiel es bekanntlich schwer, ein gefestigtes Weltbild aufzugeben – das gilt heute umso mehr, als keine vernünftigen Alternativen zu existieren scheinen.
Aber sollten wir nicht wenigstens gewarnt sein? Auf den Konferenzen dagegen begegnet man einer beunruhigenden Euphorie: Die beschleunigte Expansion samt ihren theoretischen Beschreibungen wie kosmologische Konstante, Dunkle Energie oder Quintessenz taucht an allen Ecken und Enden auf, jeder sieht sie nun ganz klar!
„Anders sind die Röntgenbeobachtungen nicht zu deuten“ oder „Die Galaxienverteilung ist sonst nicht mit den Modellen in Einklang zu bringen“ schreibt zum Beispiel Christopher Conselice von der Universität Nottingham mit bewundernswerter Naivität (C. Conselice, SdW 5/2007, S.36). Dabei sollte man sich als Wissenschaftler bewusst sein: Mit einem weiteren freien Parameter, also einer Zahl mehr, die man anpassen kann, erklärt sich jeder Datensatz besser.
Kein Zufall? Schon klar!
Analysiert man die bei verschiedenen Rotverschiebungen sichtbaren Supernovadaten, so ergibt sich folgendes Szenario: Zunächst, also in einer frühen Entwicklungsphase des Universums, war die Beschleunigung noch nicht wirksam und die Expansion daher gebremst. Schließlich gewann die Dunkle Energie an Bedeutung – sie wächst mit der Ausdehnung – und zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die anfängliche Bremsung durch die Beschleunigung genau kompensiert. Nun raten Sie bitte, wann dies der Fall war: nach 14 Milliarden Jahren, also heute.
Vor Kurzem hat mir wieder ein Kosmologe versichert, dass dies reiner Zufall sei. Sie wundern sich? Zu recht. Diese Merkwürdigkeit heißt Koinzidenzproblem, denn das akzeptierte Modell ist schon etwas paradox: Die Phasen der Bremsung und Beschleunigung der Expansion könnten doch genauso gut so verteilt sein, dass unsere momentane Ausdehnungsrate, die Hubblekonstante, nicht viel mit dem Weltalter zu tun hat.
Es ist in etwa so, als ob sie auf einer längeren Autofahrt mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind. Sie können dabei jederzeit die Durchschnittsgeschwindigkeit für die bisherige Strecke errechnen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einem bestimmten Moment gerade mit dieser Durchschnittsgeschwindigkeit fahren, ist doch recht gering. Und nach neuesten Messungen ist die Evidenz für die Dunkle Energie sowieso viel schwächer als bisher angenommen …
Welch intelligentes Leben
Wenn wir also davon ausgehen, dass intelligentes Leben auch in einer früheren oder späteren Epoche des Universums entstehen kann, dann passiert uns gerade ein ulkiger Zufall. Oder lacht jemand da draußen?
Sind wir gerade wieder der Einbildung aufgesessen, unsere bescheidene Gegenwart sei etwas besonderes? Die Dunkle Energie hat Widersprüche bezüglich des Weltalters aufgelöst, aber das Koinzidenzproblem nährt den Verdacht, dass diese Reparatur zu bequem war. Der Kosmologe Lawrence Krauss hat übrigens auf eine paradoxe Folge hingewiesen: Die beschleunigte Expansion führt dazu, dass entfernte Objekte wieder aus unserem sichtbaren Horizont verschwinden.
So wird es beispielsweise in späteren Epochen des Universums unmöglich sein, den kosmischen Mikrowellenhintergrund zu beobachten. Zukünftige Kosmologen werden also ein recht eintöniges Universum vorfinden – umso besser also, dass wir jetzt schon alles verstanden haben!
Sie sehen: Ein neuer Anstrich als Makulatur und die Einbildung als die Hoffnung auf echte Intelligenz, bringen uns nicht immer im Leben weiter.